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Foto: Armin Walcher

Für einen besonderen Gebäudeentwurf ein paar Kilogramm Beton zu einem schicken Modell zu verarbeiten – das gelingt den meisten Architekturstudenten im Laufe ihres Studiums. In Wien allerdings hat nun eine Gruppe von Studierenden aus den Disziplinen Architektur, Bauingenieurwesen, Raumplanung und Informatik aus 70 Tonnen Beton das Modell einer ganzen Stadt gebaut: „Hypotopia“.

Hypotopia ist eine fiktive Modellstadt für über 100.000 Einwohner, die mit einer Fläche von 12,17 km² die sechstgrößte Stadt Österreichs wäre und deren hypothetische Bau- und Planungskosten 19 Milliarden Euro betragen – genau so viel, die der Staat Österreich für die Rettung der Pleitebank Hypo-Alpe-Adria aufbringen muss. Auf diese Weise wollten die Initiatoren des Projekts den Gegenwert dieser so gewaltigen wie abstrakten Summe veranschaulichen und eine breite öffentliche Diskussion über Bankenrettung, Steuern und die Zukunft des Landes hervorrufen.

Zunächst entwickelten sie Hypotopia als gedankliches Modell und berechneten, wieviel ‚Stadt‘ mit all ihren wirtschaftlichen, sozialen und infrastrukturellen Bestandteilen – Wohngebäuden, Geschäften, Büros, Gesundheitseinrichtungen, Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen, Straßen, Schienentrassen, Brücken und vielem mehr – man für 19 Milliarden Euro schaffen könnte. Um diese Stadt bzw. ihren Wert aber auch wirklich für jeden vorstellbar und begreifbar zu machen, ließen sie Hypotopia als physisches, begehbares Modell im Maßstab 1:100 direkt auf dem Wiener Karlsplatz Wirklichkeit werden.

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Foto: Armin Walcher

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Foto: Armin Walcher

Mehr als  3.000 Einzelteile, zum größten Teil aus Beton, schufen und verbauten die Studierenden und ihre Helfer dafür in 10.200 Arbeitsstunden – die schwersten Teile wogen über 60 kg. Beeindruckende 470 m² Schalungsfläche, 30 m³ Beton und 270 Liter Kaffee kamen dabei zum Einsatz. Einen Eindruck dieses Mega-Modellbaus vermitteln verschiedene youtube-Videos vom Betoniervorgang, dem Ausschalen und erneuten Zusammensetzen der Schalungen sowie diese Videotour durch das fertige Modell, das anschließend 19 Tage auf dem Karlsplatz ausgestellt war.

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Foto: Armin Walcher

Begleitende Vorträge, Diskussionen und verschiedene Themenwochen auf der Webseite beschäftigten sich neben der Dimension und Verwendung der Milliardensumme auch mit der Frage, wir diese Mittel in Hypotopia durch eine zukunftsweisende Gestaltung von Stadtstrukturen und Gebäuden ökologisch und sozial nachhaltig eingesetzt werden könnten. So wurden auf baukonstruktiver Ebene beispielsweise die thermischen Möglichkeiten von Beton wie Betonkernaktivierung und Dämmbeton thematisiert.

Nach Ablauf der Ausstellungszeit folgten über 1.000 Menschen dem Aufruf der Studierenden, die Betonklötze des Modells in einem Protestmarsch zum Parlamentsgebäude zu tragen. Nach dieser symbolischen Abschlussaktion wurden sie in der vergangenen Woche mit Gesteinsbrechern zu 100% recycled.

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Weitere Infos zu Hypotopia gibt es unter milliardenstadt.at