Zum 13. Mal fand am 24./25.6. die Deutsche Betonkanu-Regatta statt. Ein spannendes, vielleicht auch etwas spleeniges Wasserspektakel, bei dem alle zwei Jahre rund 100 Teams von 30-40 Hochschulen regelmäßig in selbst gebauten Betonkanus um Ruhm, Ehre und Medaillen paddeln oder in spektakulären, zum Teil mehrere Tonnen schweren Wasserfahrzeugen zeigen, dass Beton schwimmen kann.

Wir haben Sevrien Ferrée von der Uni Twente in Enschede interviewt. Sevrien gewann in Magdeburg zusammen mit seinem Paddelpartner Frank Aarns die Rennklasse der Regatta. Schon vor zwei Jahren in Essen hatten die beiden Oranjes der deutschen Betonkanu-Konkurrenz keine Chance gelassen.

Wie viele Stunden deines Lebens hast du in den letzten Jahren mit dem Projekt „Betonkanu“ verbracht?
Seit über vier Jahren beschäftige ich mich jetzt mit Betonkanus. Im März 2007 habe ich zusammen mit zwei anderen Bauingenieur-Studenten an der Universität Twente in Enschede die ´BetonBrouwers´ (Betonbrauer) gegründet. Das erste halbe Jahr haben wir zusammen fast jede Woche über 20 Stunden an unserem Kanuprojekt gearbeitet. Vor allem in den letzen Wochen vor der damaligen niederländischen Betonkanu-Regatta – ausgerichtet durch unsere Fakultät –  wurde pro Woche und Nase fast 30 Stunden an den Kanus gearbeitet. In den Folgejahren wurde das Projekt größer und größer, die Stunden immer mehr, aber durch Zuwachs in unserer Mannschaft ist der Aufwand pro Person etwas geringer geworden. Es sei denn, es steht wieder einmal ein Rennen vor der Tür. Nicht nur das Betonieren der Kanus, auch der Entwurf und das Beschaffen der Baustoffe und alles, was mit dem Bau von Kanus sonst so zusammenhängt, kostet dabei viel Zeit. Und nicht zu vergessen: wir trainieren! Fast zwei Stunden in der Woche sind wir auf dem Wasser. Wenn ich mir die letzten Jahre so ansehe, dann denke ich, dass ich pro Jahr durchschnittlich 500 bis 600 Stunden am Kanuprojekt gearbeitet habe, also von 2007 bis jetzt ungefähr 2.500 bis 3.000 Stunden.

Sevrin Ferrée (rechts) und Frank Aarns gewinnen das Finale der 13. Deutschen Betonkanu-Regatta

Sevrin (rechts) unmittelbar nach dem Sieg im Finale der 13. Betonkanu-Regatta

Lohnt sich dieser Zeitaufwand und seid ihr nicht auch mal froh, wenn eine Regatta vorbei ist und ihr auch mal wieder etwas anderes machen könnt?
Klar, lohnt sich das! Die BetonBrouwers versuchen jedes Jahr die Leistung des vergangenen Jahres zu übertreffen. Die Arbeit wird immer mehr, aber auch die Belohnungen werden größer. Und für uns gilt: Nach der Regatta ist vor der Regatta! Meistens noch in der Woche nach einem Wettkampf werden schon die ersten Ideen für das nächste Jahr aufgeschrieben. Nach dem Urlaub im Juli und August startet im September das Training. Dann werden die noch vor dem Urlaub gesammelten Ideen in ersten Plänen umgesetzt und es geht wieder los.
Neben dem Spaß, den wir beim Bauen, als Team und auf dem Wasser haben, lernen wir natürlich auch sehr viel über den Baustoff Beton und seine Anwendung. Und dann sind da ja noch die Pokale, die wir bei den Regatten gewinnen. Diese belohnen uns und helfen, durch steigende Bekanntheit, mehr Hilfe (und Finanzen) von der Universität und auch von Unternehmen zu generieren. Mit dieser immer größer werdenden Unterstützung können wir jedes Jahr wieder neue und bessere Boote bauen. Durch den Zeitaufwand in den letzten Jahren sind wir aus dem ‘Nichts’ aufgestiegen zum Vierfachsieger der Niederländischen Betonkanu-Regatta und Doppelsieger der deutschen Regatta. Die vielen Stunden Arbeit haben sich auf jeden Fall gelohnt!

Hast du bzw. habt ihr trotz dieses „Fulltime-Jobs“ noch Zeit, euer Studium irgendwann abzuschließen oder füllt euch das Kanubauen so aus, dass ihr es ein Leben lang tun wollt? Ich frage für ca. 40 deutsche Hochschulen, die auch gerne mal wieder gewinnen würden.
Unser Studium war, ist und soll auch in den nächsten Jahren das Wichtigste bleiben. Es gab in der Vergangenheit allerdings immer wieder auch Zeiträume, in denen Studium, Betonkanubau und Studentenjob einen gleichermaßen intensiv forderten. Das ist dann alles nicht so ganz einfach zu managen, aber man lernt, die Sachen gut zu planen und die wichtigen Dinge von den unwichtigen zu unterscheiden. Muss man auch, denn der ein oder andere hat ja auch noch weitere Hobbies oder Pflichten: Zum Beispiel arbeite ich ehrenamtlich für ein Eisenbahnmuseum – unter anderem als Heizer auf Dampfloks und in der Werkstatt. Daneben habe ich bis August 2010 zwei Tage in der Woche in einem Restaurant gearbeitet, denn ein bisschen Geld muss man ja auch verdienen. Also: Wenig Freizeit in den letzten Jahren; aber es hat auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht und man lernt sehr, sehr viel! Das Studium habe ich inzwischen fast abgeschlossen. Bei uns braucht man normalerweise fünf Jahre für das Bauingenieur-Studium, ich habe ein halbes Jahr länger gebraucht. Wenn ich das Studium abgeschlossen habe, werde ich mich offiziell verabschieden von den BetonBrouwers und auf jeden Fall nicht mehr auf einer (deutschen) Betonkanu-Regatta paddeln. Mein Paddelpartner Frank ist auch fast fertig und wird sich wahrscheinlich ebenfalls verabschieden. Das bedeutet aber nicht, dass wir den Betonkanu-Projekten an der Uni Twente ganz den Rücken zukehren werden. Ein Kanu zu betonieren macht einfach Spaß und wir werden unseren Ex-Teamkameraden in der nächsten Saison auf jeden Fall mit Rat und Tat zur Seite stehen – nur eben nicht mehr in erster Reihe stehen bzw. sitzen.

Am Rande gefragt: Macht es eigentlich besonderen Spaß, als einziger niederländischer Teilnehmer die deutschen Studenten zu schlagen?
Deutschland ist und bleibt der niederländische Angstgegner. Deswegen ist es immer toll, wenn ‘wir‘ die Deutschen schlagen, egal ob beim Fußball oder beim Betonkanupaddeln. Dass wir das einzige niederländische Team sind, versüßt die Freude über den Sieg natürlich noch zusätzlich. Da wir die niederländische Betonkanu-Regatta schon vier Mal gewonnen haben, gibt es für uns im eigenen Land eigentlich keine Herausforderungen mehr. Die deutsche Regatta ist viel größer. Dass wir in Magdeburg bei den Damen und Herren siegen und noch ein dritter Platz bei den Herren rausspringt, hätten wir uns allerdings nicht träumen lassen. Deswegen war der Sieg in Magdeburg schon ein besonderes Erlebnis, das schwer zu toppen sein wird.

VW-Bus und Fernsehturm aus Beton. Nur zwei der insgesamt 12 Boote der Offenen Bootsklasse der 13. Betonkanu-Regatta in Magdeburg.

Habt ihr mal überlegt, euch auf die Offene Klasse zu verlegen? Bei den vorherigen Regatten haben wir schwimmende Fahrmischer, Wasserflugzeuge und sogar ein U-Boot aus Beton gesehen. Die Frage nach einem Beton-Wohnwagen verkneife ich mir natürlich, aber eure Rennboote sind so ausgereift, ihr paddelt der Konkurrenz regelmäßig davon – wie wäre es mit neuen Zielen?
Ursprünglich hatten wir in der Tat geplant, bei der Regatta 2011 auch in der Offenen Klasse mitzumachen. Die konkreten Pläne dafür waren aber erst Anfang 2011 fertig. Aufgrund der vielen Arbeit an unseren Rennbooten haben wir uns dann entschieden, die Anmeldung für die Offene Klasse zurückzuziehen. Das war auch gut so. Wenn man sich die tollen Kreationen der Offene Klasse in Magdeburg vor Augen hält, dann hätten wir einfach nicht die Kapazität gehabt, um parallel zu den Rennkanus Vergleichbares zu bauen. Aber 2013 wird es ja wieder eine Regatta geben: Dann vielleicht auch mit einem spektakulären Wasserfahrzeug aus Enschede. Aber auch, wenn wir bisher kein Boot der Offenen Klasse gebaut haben, hatten wir in jeder Kanusaison besondere Ziele, was die Optimierung der Rennkanus betrifft. Zum Beispiel haben wir es im letzten Jahr geschafft, ein Kanu von nur 11 kg zu bauen. Bei der niederländischen Betonkanu-Regatta im nächsten Jahr wird wahrscheinlich ein sehr innovatives Kanu an den Start gehen. Die Details verraten wir aber natürlich vorab nicht.

Vielen Dank, Sevrien und alles Gute für die kommenden Aufgaben!

 

Betonkanu-Regatta im Internet

Das Team der BetonBrouwers