TU München – two points! Eine weitere Einreichung aus der bayerischen Hauptstadt war beim Concrete Design Competition 2017/18 TACTILITY erfolgreich: Jan Denis Schweizer und Sebastian Haberl wurden für ihr Projekt „Kino“ mit einer Anerkennung ausgezeichnet. Der Entwurf für ein Gebäude mit Kino, Bar und Wohnungen im innerstädtischen Kontext transformiert die Struktur eines textilen Gewebes in den Maßstab der Stadt. Dabei gelingen spannende Wechsel und Verflechtungen zwischen Zwei- und Dreidimensionalem – Fläche, Relief und Volumen. Es entsteht ein Betongebäude, das von seiner Kubatur über die Fassade bis hin zur Struktur der Oberflächen auf faszinierende Weise die seinem Entstehungsprozess zugrunde liegende textile Stofflichkeit spürbar macht.

Die Arbeit geht aus von den Gedanken Gottfried Sempers, den Ursprung der Architektur im Textilen zu suchen, Architektur als erweitertes Gewand des Menschen zu betrachten. Die Verfasser untersuchen zunächst textile Gewebe mit ihren sich überlagernden Fäden und ihrer – je nach Fügung – dichten oder durchlässigen Struktur. Sie übertragen die Ergebnisse in den städtischen Maßstab, die dritte Dimension und das Material Beton: Im Sinne der Stadt als Gewebe ergibt sich aus den als Fäden gedachten Fluchten der Umgebungsbebauung die Kubatur des neuen Gebäudes. Es entstehen vier ineinander verschränkte Volumen, die ein Kino, eine Bar und Wohnungen enthalten.

Sie sind außen und innen von Beton geprägt, der in Form von Decken und Wandscheiben ein dreidimensionales Gewebe bildet. Dabei wechselt er seine Beschaffenheit: Dicke, dünne und raumhaltige Elemente bestimmen Schwellen und Übergänge in ihrer Durchlässigkeit; glatte, raue oder reliefartige Oberflächen prägen unterschiedliche Sinneserfahrungen. Entlang einer leitenden Wand wird der Kinobesucher durch eine inszenierte Raumfolge geführt, bei der – analog zum Aufbau eines Films – Eingang und Ausgang voneinander entkoppelt sind. Öffnungen lassen Vorahnungen oder Rückblicke zu. Höhepunkt der Raumsequenz ist der Kinosaal als Kern und „schwarzer Raum“ des Gebäudes. Das Eindringen in das Gebäudeinnere, der Weg vom Hellen ins Dunkle, drückt sich auch in der Behandlung des Materials aus: Konturen, Ecken und Kanten verlieren stetig an Schärfe.

So wurden im Verständnis des Entwurfs als textiles Gewebe auf sehr authentische Weise die wechselnden Widerstände, Festigkeit und Durchlässigkeit eines Stoffs in eine Komposition aus Raum und Beton übertragen.
Besonders positiv bewertet die Jury auch die Einbindung des Materials in den gesamten Entwurfs- und Darstellungsprozess: Angefangen bei einem Betonrelief, das die Ergebnisse der Textil-Studien in einen architektonischen Grundriss übersetzt, über skulpturale Modelle im Detail-, Gebäude- und Städtebau-Maßstab bis hin zu atmosphärischen bildnerischen Darstellungen spielt die Arbeit mit den Qualitäten des Materials Beton.