Trotz aller Bestrebungen in Sachen Nachhaltigkeit gibt es Vorbehalte gegenüber rezykliertem Beton. Skepsis herrscht zum Beispiel hinsichtlich der Haltbarkeit oder den Eigenschaften als Sichtbeton. Studierende der Hochschule München demonstrieren jetzt eindrucksvoll, wie sich Abbruchmaterial vor Ort zu R-Beton verarbeiten und als Baustoff nutzen lässt. Das Ergebnis: ein 20 qm fassender Pavillon mit 20 unterschiedlich ausgearbeiteten Stützen und Terrazzoboden.

Sonja Dietze und Paul von der Höh

„Das war schon etwas ganz besonderes“, sagt Sonja Dietze, „dass wir seit März jede Woche einen Tag auf der Baustelle verbracht und richtig die Ärmel hochgekrempelt haben. Im Bauingenieurstudium gehen wir üblicherweise zur Materialforschung ins Labor. Hier konnten wir uns richtig in der Praxis austoben.“ Ihr Kommilitone Paul von der Höhe fand es zudem reizvoll, „dass für das Projekt Studierende von zwei Fakultäten zusammenkamen, also Bauingenieurwesen und Architektur.“

Zum Hintergrund: Auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne sollen ca. 15.000 neue Wohneinheiten entstehen. Die Stadt München initiierte den Pavillon als Pilotprojekt, um zu demonstrieren, wie die alte Baustubstanz für den nachhaltigen Neubau genutzt werden kann. Denn die Umwandlung von Abbruchmaterial, das direkt vor Ort für die Herstellung von R-Beton genutzt wird, spart erhbliche Mengen an Ressourcen und Transportaufwand.

 

Am 15. Juli wurde der neue Pavillon aus R-Beton eröffnet. Die 20 grundverschieden ausgearbeiteten Stützen zeigen, wie variabel man mit rezykliertem Beton Oberflächen und Strukturen gestalten kann. „Ich finde, dass sich unser R-Beton in seiner Anmutung und seinen Möglichkeiten nicht hinter Sichbeton verstecken muss“, meint Paul von der Höh. „Ein schöner Nebeneffekt: Der Bauschutt eignet sich wie bei unserem Pavillon auch gut zur Herstellung von Terrazzo.“ Und Sonja Dietze fasst noch einmal die erhoffte Wirkung zusammen: „Das Ziel liegt darin, dass unser Pavillon möglichst viele Bauträger überzeugt, die hier das neue Areal entwickeln. Im Idealfall kann eine maximale Menge an Abbruchmaterial hier direkt wiederverwendet werden.“

Tatsächlich hat sich der erste Bauträger, die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG in München, schon zur Nutzung des lokalen R-Betons verpflichtet. Potenziell könnten hier 200.000 Tonnen an rezykliertem Baumaterial aus dem alten Schutt auf dem Gelände hergestellt werden. Auf steigende Nachfrage des nachhaltigen Baustoffs setzt auch die Münchener Kommunalpolitik, die den Muster-Pavillon als europaweites Leuchtturmprojekt zum Betonrecycling versteht.

Mehr Infos zum Pavillon und der Eröffnung siehe hier: https://www.hm.edu/allgemein/aktuelles/news/news_detailseite_218627.de.html

Fotos: IZB